FirstPlace Business Netzwerk All eyes on: Thomas Nelis

All eyes on: Thomas Nelis

Thomas Nelis ist systemischer Management Coach und unterstützt Führungskräfte im Bereich der nachhaltigen Personalentwicklung.Er spricht mit uns darüber wie er die Hürden des digitalen Coachings meistert und welche Tools er für seine tägliche Arbeit nutzt.

Lieber Thomas, was sind die größten Herausforderungen für dich als Coach in Zeiten der Zwangsdigitalisierung durch Corona?

Erstens natürlich den Überblick zu behalten, was aktuell von den Unternehmen an Personalentwicklung gefragt ist. Corona hat Unternehmen vor ganz neue Herausforderungen gestellt. Das hat dazu geführt, dass auch die Teams und Führungskräfte jetzt andere Maßnahmen benötigten, um ihre Teams wieder leistungsstark zu machen, als noch vor ein paar Monaten.

Durch die „Zwangsdigitalisierung“ musste ich meine Leistungen schnell digitalisieren, ohne einen Qualitätsverlust in Kauf zu nehmen. Ich habe also in den letzten Wochen und Monaten eine Vielzahl von digitalen Tools ausprobiert. Zum Glück hatte ich erfahrene Kollegen, die einige Tools schon kannten.

Was mich aber auch jetzt noch vor Herausforderungen stellt ist: jedes Unternehmen hat auch für sich selbst Lösungen gefunden. Meine Tools müssen also auch zu den unterschiedlichsten Anforderungen der Unternehmen passen. Von Datenschutz über vorhandener IT-Struktur bis hin zur Genehmigung durch Betriebsräte. Für eine einfache MENTIMETER Abfrage bei den Mitarbeitern, müssen viele Faktoren berücksichtigt werden. Das ist auch für mich neu.

Als dritten Punkt sehe ich als Herausforderung, dass die Digitalisierung jetzt schneller kam, als Mitarbeiter dafür vorbereitet wurden. Auch jetzt gibt es immer noch eine sehr große Zahl an Mitarbeitern, die noch nie MS Teams oder Zoom genutzt haben. Meine Coachings, starten also grundsätzlich schon einmal mit Technik-Checks, die zum Teil sehr frustrierend sind. Ein einfaches Kabel, dass nicht richtig eingesteckt wurde, kann die komplette Planung ändern.

 

Mit welchen Tools schaffst du es dein Coaching zu digitalisieren?

Ich habe mich jetzt auf drei Tools festgelegt. Damit habe ich persönlich die besten Erfahrungen gemacht:

Microsoft Teams oder Zoom:

 Über diese Tools stelle ich die Kommunikation sicher. MS Teams wird in großen Unternehmen häufig bevorzugt, da es anscheinend als sicherer eingestuft wird als Zoom.

MS Teams macht Sinn, wenn die Teilnehmer auch im Unternehmen darüber bereits arbeiten, oder eine längere Zusammenarbeit mit Dateien und Kollaborativen Tools genutzt wird.

Zoom macht Sinn, wenn es nur um die reine Kommunikation geht. Es ist intuitiv zu bedienen und sehr stabil. Für unerfahrene Teilnehmer also besser geeignet.

Mein Tipp: 

Egal welches Tool ihr nutzt, immer ein LAN-Kabel verwenden. Das erhöht die Verbindungsstabilität extrem. Nichts ist schlimmer, als ein „ruckelnder Coach“!

Miro: 

Da in meinen Coachings Ergebnissicherung ein sehr wichtiges Grundanliegen ist, nutze ich MIRO als großes digitales Whiteboard. Dort können auch Teams gleichzeitig drin arbeiten. Alles wird Live übertragen und jeder weiß, wo er sich gerade befindet. Dadurch ist auch die Aufmerksamkeit bei den Teilnehmern immer vorhanden. Jeder muss sich einbringen.

Mein Tipp: 

Die Teilnehmer können per Link auf das Board zugreifen, und zwar ohne Registrierung! Draufklicken und direkt mitmachen.

Mentimeter: 

Spitzen Tool für schnelle Teamabfragen. Sehr einfach zu bedienen. Für die Teilnehmer reicht ein Smartphone und es kann losgehen. Anonym und ohne Registrierung.

Mein Tipp: 

Achtet auf die Bedingungen der Unternehmen in Bezug auf Anonyme Mitarbeiterbefragungen. Grundsätzlich sind diese vom Betriebsrat genehmigungspflichtig. Lieber euren Ansprechpartner einmal auf die Nutzung ansprechen. Dann gibt es keine bösen Überraschungen.

 

Was ist die größte Umstellung für dich und welche positiven Effekte hat die Digitalisierung für dich und deine Kunden?

Die größte Umstellung war, sich jetzt komplett digital zu organisieren. Dazu musste auch die eigene Hardware angepasst werden. Mein einfacher Schreibtisch mit Laptop reichte da nicht mehr aus.

Spannend war auch, dass ich ja zwei Kinder habe, die nicht in die Kita konnten. Es kam also schon vor, dass bei einem Teamcoaching irgendwo aus der Wohnung das Lied von Pipilangstrumpf zu hören war.

Ich sehe aber auch sehr viele positive Effekte für mich und die Kunden. Der größte ist sicherlich die Flexibilität und Zeitplanung. Es müssen nicht mehr alle Beteiligten quer durch Deutschland zu einem Workshop geschickt werden. Auch als Coach verbringt man sonst extrem viel Zeit im Zug oder auf der Autobahn.

Auch die Teilnehmer gewöhnen sich sehr schnell an das virtuelle Umfeld und sehen es als große Bereicherung. Auch sie lernen ja neue Tools kennen. Eine Teilnehmerin fand das Arbeiten auf dem MIRO Board sogar besser, als das Schreiben von Moderationskarten.

Mein Tipp: 

Startet eure Maßnahmen immer ganz entspannt mit so wenigen Tools wie möglich. Lasst die Teilnehmer ankommen und erstmal etwas konsumieren. Ein Großteil der Teilnehmer hat erstmal Angst vor neuen, unbekannten Situationen. Allein ein Coaching ist ja für viele schon was ganz neues, dann auch noch virtuell.

Wie reagieren deine Kunden aus der Praxis auf die Digitalisierung bzw. wie gut ist diese umsetzbar?

Ich arbeite überwiegend mit Unternehmen zusammen. Für meine Kunden ist die Digitalisierung teilweise schon eine Mammutaufgabe. Es gibt ja reichlich Unternehmen, da ist Home-Office überhaupt nicht erprobt. Bis vor ein paar Wochen hätten alle gesagt: „Das geht bei uns nicht!“. Auf einmal muss es aber gehen.

Ich möchte nicht wissen, wie viele Überstunden die IT-Mitarbeiter in den Unternehmen gesammelt haben. Ich habe viele Freunde in der Dienstleistungsbranche. Da haben nicht einmal alle, eine eigene E-Mail-Adresse.

Es ist erstmal unsere Aufgabe als Coach, eine nutzbare IT-Struktur anzubieten. So, dass die Kunden sich nur einklicken brauchen. Alles was runtergeladen werden muss, oder für das im schlimmsten Fall vorab noch Lizenzen erworben werden muss, würde ich vermeiden!

In der Arbeit mit Privatkunden, ist es etwas einfacher. Auch da würde ich aber von Kostenpflichtigen Tools abraten.

Grundsätzlich ist das Feedback nach einem Coaching aber sehr gut.

 

Welchen Tipp kannst du Unternehmen und Führungskräften mit auf den Weg geben, um auf die digitale Personalentwicklung umzusteigen?

Seit offen für Neues! Digital kann sehr viel, mit tollen Outcome umgesetzt werden.

Oberste Priorität sollten die strategisch relevanten Maßnahmen haben. Die müssen als erstes digitalisiert werden. Da darf man sich jetzt von Corona nicht aus der Ruhe bringen lassen.

Danach muss sich aber jede Führungskraft und auch jedes Unternehmen fragen:

  • „Was brauchen wir jetzt, um unsere Herausforderungen zu meistern?„

  • „Was brauchen meine Mitarbeiter jetzt, um aktuelle Herausforderungen zu meistern?“

  • „Welche Herausforderungen haben wir jetzt überhaupt?“

Erst wenn diese Fragen beantwortet sind, kann nach geeigneten PE Maßnahmen zur Umsetzung gesucht werden. Diese können dann digital umgesetzt werden.

 

Welchen Tipp kannst du Coaches und Trainern mit auf den Weg geben um ihre Leistungen zu digitalisieren?

Starte mit etwas, das du wirklich perfekt beherrschst. Fang nicht mit einer ganz neuen Leistung an, die du nicht schon mehrfach in Präsenz getestet hast. Sobald du Online etwas durchfährst, musst du nebenbei auch noch den IT-Experten spielen. Manchmal hängt das Tool, oder dein Coachee hat eine technische Frage. Da kommt man schon einmal ins Schwitzen.

So könntest du vorgehen:

  1.  Als Coach hast du sicherlich einen definierten Coachingprozess. Und in diesem Prozess hat jede Phase eine gewisse Wirkungserwartung. Diese muss natürlich auch digital weiterhin erfolgen. Vielleicht muss die Methode geändert werden, aber die Wirkungserwartung muss trotzdem beim Coachee eintreten. Falls das nicht der Fall ist, funktioniert dein Prozess nicht mehr. 

    Folgende Frage kannst du dir stellen: „Was will ich mit jeder einzelnen Phase erreichen?“

    Zum Beispiel bei mir für Phase 1: „Das Kernproblem und dessen Zusammenhänge sind erkannt.“

  2.  Jetzt muss ein passendes Tool gefunden werden, mit dem du bzw. dein Coachee, das erreicht.Möglicherweise wirst du mehrere brauchen. 

    Frage: „Was muss das Tool können?“

  3.   Achte bei den ganzen Tools darauf, dass sie maximal einfach zu bedienen sind! Jede zusätzliche Anmeldung und Registrierung auf Seite der Coachees würde ich vermeiden. 

    Frage: „Könnte deine Oma dieses Tool bedienen?“

  4.   Jetzt musst du es ausprobieren und mit jemanden Testen. Am Anfang könnte dir auch bei einer Sitzung, ein Kollege als Technischer Support helfen.

Mit welchen Themen dürfen unsere Mitglieder auf dich zukommen?

 

Ich freue mich über jedes Anliegen in Bezug auf Führung und Teamarbeit. Selbstverständlich gebe ich auch gerne meine Erfahrung mit den genannten digitalen Tools weiter.

Veröffentlicht: 30.06.2020

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